Alte Seifenrezepte

Ein altes Seifenrezept aus meiner Familie

In einem alten Kochbuch, welches von meiner Großtante stammt, fand ein Seifenrezept. Ich zeige hier die eingescannte Originalhandschrift, weil meine Großtante eine bewundernswert saubere Handschrift hatte. Das Kochbuch wurde von ihr 1892 angelegt. Das Seifenrezept fand ich auf einem eingelegten Zettel. Der kann wohl jünger oder auch älter sein als das Buch.

Seifenrezept_1

 Hier die Transkription für jene Leser, welche die alte Kurrentschrift nicht lesen gelernt haben: 

Seifenrezept.

5 l heißes Wasser, ½ kg (Seifenstein = Ätznatron), 2 kg Fett, 3h unter heftigem
Umrühren kochen, in der dritten Stunde eine "handvoll" Kochsalz, dann
auf einem Sieb ein Tuch geben und diese Mischung daraufgießen, dann,
bis trocken, Stangen schneiden und 2 Monate trocknen lassen. (Kann auch
früher sein.) (2 l Wasser davon abschöpfen und während des Siedens langsam
dazuschütten.)

Dieses Seifenrezept ist auffallend "modern", denn es wird in Kilogramm gemessen und Ätznatron vorgeschrieben. Der Laugenanteil ist hoch. Für eine vollständige Verseifung des "Fettes" – es ist sicher Schweineschmalz gemeint – würden 0,28 kg Ätznatron genügen. Die Seife wird aber "ausgesalzen", also in Salzwasser und verdünnter Natronlauge abgeschieden. Dabei dürfte der meiste Teil der unverbrauchten Lauge und das Glycerin zurückgeblieben sein, sodaß es gut möglich war, daß meine Großtante Emilie damit eine feste und sehr waschkräftige Seife kochen konnte.

Sie können dieses Rezept auch "nachkochen". Siehe Kapitel Kernseife.

Emilie Grünfeld

Mein Großtante Emilie Gessinger, verehelichte Grünfeld wurde 1865 geboren und starb 1954. Ich erinnere mich noch gut an ihre Erzählungen aus ihrer Zeit, als sie dem Kaiser zujubelte und in Wiener Ballsälen Walzer tanzte, wo Johann Strauß und sein Orchester spielten. 

Dieses Bild zeigt den Verfasser (hier noch etwas unreif)  im Alter von 9 Jahren mit seiner Großtante, die damals bereits 87 Jahre alt war. Für mich war sie immer eine Frau aus einer anderen Welt. 

Tante Mizzi´s Seifenrezepte

Wie schon in meiner Selbstdarstellung geschrieben, war Tante Mizzi (eine Tante meiner Frau) eine Seifenpionierin in unserer Familie. Als tüchtige Hausfrau hat sie auch die Rezepte ihrer Bekannten und Nachbarinnen abgeschrieben und all die Jahre aufgehoben, sodaß ich heute auf einen "Fundus" zurückgreifen kann.

Hausseife

3 kg ausgelassenes Kernfett und 1 kg Laugenstein mit 6 Liter Wasser kochen. Wenn die Masse fadenziehend ist, gibt man 1 kg Kolophonium dazu und läßt die ganze Brühe noch aufkochen. Dann zur Seite stellen und kalt werden lassen. Am nächste Tag die gestarkte (erstarrte) Seife von der Lauge nehmen. Mit dem Zusatz von 4 Liter Regenwasser noch einmal aufkochen lassen. Noch warm in eine Pfanne schütten und erstarren lassen. Erkaltet in Stücke schneiden. Es sollten ungefähr 4,5 kg Seife werden.

Mein Kommentar: Dieses Rezept würde bei der heutigen Qualität des Ätznatrons eine sehr "scharfe" alkalische Seife ergeben. Offenbar bestand der Laugenstein nicht allein aus reinem NaOH. Auf jeden Fall war genug Lauge vorhanden, um auch noch das Kolophonium zu verseifen. Der Begriff "fadenziehend" ist schwer vorstellbar. Gemeint ist eher das Dickwerden der Masse, sodaß man mit dem Umrührspatel Spuren auf der Seifenoberfläche hinterläßt. Das Fadenziehen kennt man eher vom Zuckerspinnen. Die Seife von der Lauge nehmen würde erleichtert werden, wenn man Salz dazugibt. Das würden dem Absalzen oder Aussalzen des Seifenkerns entsprechen, wie es die alten Seifensieder machten. Mit dem Regenwasser wurde die Seife "geschliffen" und somit ein wenig vom Laugenüberschuß befreit.

Seifenrezept von Frau Nachbarin (Frau Bohrn)

5 Liter Regenwasser, 3/4 kg Kalk, 3/4 kg Soda, 2 Handvoll Holzasche eine Viertelstunde kochen lassen. Abkühlen lassen und abseihen. Das klare Wasser (die Lauge) mit 1 kg Fett solange kochen lassen, bis es fadenzieht. Zum Schluß noch eine Handvoll Salz beimengen. In eine Pfanne geben und erkalten lassen.

Mein Kommentar: Der erste Teil des Rezeptes dient der Herstellung einer gemischten Natron/Kalilauge. Aus der Reaktion von Kalk (es wird hier gelöschter Kalk, Ca(OH)2 vorausgesetzt) und Soda (Natriumcarbonat) entsteht NaOH. Ebenso ebenso wird man aus der Holzasche Kaliumkarbonat (Pottasche) herauslösen, die durch den Kalk zu KOH reduziert wird. Damit wird man eine sehr einfache Seife erzeugen können. "Fadenziehen" heißt wohl eher "Spuren hinterlassen". Die Handvoll Salz dient wieder zum Trennen von Seife und Unterlauge.  

Seifenrezept von Frau Strudler

8 Liter Regenwasser, 3 kg Fett, 1 kg Laugenstein, 1/2 kg Pech (Saupech oder Kolophonium) und 1 großes Stück Kalk (gelöschter Kalk)  zwei Stunden kochen lassen. Zum Schluß eine Handvoll Salz beimengen.

Mein Kommentar: Dieses sehr kurzgehaltene Rezept scheint durch oftmaliges Abschreiben immer unvollständiger geworden zu sein. So ergibt die Kalkzugabe keinen Sinn, wenn nicht Soda oder Pottasche dazukommt. Das Salz soll das Abscheiden der Seife von dem vielen Regenwasser (8 Liter) erleichtern. Die Seife würde sonst nie trocken werden.

 Seifenrezept von Frau Koschatzky

1 kg Fett, 1/4 kg Laugenstein , 7 dag Pottasche, 3 Eier (!), etwas Stücksoda, Parfum und weißes Saupech (gestoßenes Kolophonium). 1,5 Liter Regenwasser werden lauwarm mit Fett und Laugenstein mit der Schneerute geschlagen. Die Eier werden zum Schluß beigemengt. 

Mein Kommentar: Beim Lesen dieses Rezeptes kommt der Verdacht auf, daß das Eiklar aus "Gewohnheit" dazugegeben wird, wenn eine Hausfrau die Schneerute zur Hand nimmt. Selbstverständlich ist das Schlagen der Masse für den Verseifungsprozeß günstig. Die Wirkung des Eiweiß sollte aber doch noch getestet werden, bevor man das Rezept bedenkenlos "nachkocht".

Dazu ein Hinweis von Frau Evelyne B.: 
Mit den Eiern werden nur die Eidotter gemeint sein. Mit Eidotter Haare waschen funktioniert super (selbst getestet, es dürfen jedoch keine Spuren von Eiweiß dabei sein). Das könnte ich mir auch bei dem Seifenrezept gut vorstellen, da ja die Eier erst am Schuß hinzugegeben wurden. Frau Koschatzky könnte auch Enteneier gemeint haben, da sie noch reichhaltiger als Hühnereier sind.

Seifenrezept

1/2 kg Laugenstein gelöst, 2 kg Fett, 1/2 kg Kernfett, zum Kochen 7 Liter Wasser beimengen. Solange kochen, bis die Masse dicklich wird. Wird die Masse bröckelig, muß man etwas Wasser beifügen und nochmals aufkochen.

Mein Kommentar: Keine Sorge, diese Masse wird niemals bröckelig, da ist viel zu viel Wasser dabei. Die Laugenmenge ist ein wenig höher als heute üblich, doch sollte man noch Salz dazugeben, damit die erkaltete Seife auf der Oberfläche schwimmend abgehoben werden kann, dann verbleibt der Laugenüberschuß in der Unterlauge

Seife

Man schmilzt 1/2 kg Fett auf kleiner Flamme, löst 20 dag Natronlauge oder 22 dag Kalilauge (theoretisch sollte man 40% mehr von der Kalilauge nehmen und nicht nur 10%) in 3 Liter Wasser. Man schüttet die Laugenlösung langsam in kleinen Portionen unter ständigem Umrühren in das erhitzte Fett. Nachdem die ganze Laugenlösung hereingeschüttet ist, kocht man noch 3 bis 4 Stunden und probiert von Zeit zu Zeit ob die Seife fertig ist, indem man ein wenig Seife auf ein Stück Papier streicht. Erst wenn kein durchsichtiger Fettfleck bleibt, ist die Seife fertig. Man schüttet dann in den Seifenbrei 1/2 bis 3/4 kg Kochsalz oder (und) Kolophonium und etwas riechende Essenz. Nach gutem Umrühren läßt man das ganze auskühlen und schüttet es in Formen.

Mein Kommentar: Der Laugenanteil ist auch hier sehr hoch. 7 dag NaOH oder 10 dag KOH würden genügen. Da aber der Seifenkern ausgesalzen wird, kann eine brauchbare Seife daraus werden. Der Fettflecktest ist originell. Man sollte das einmal probieren, vielleicht läßt sich diese Methode standardisieren.

Weitere Rezepte, die mir zugesendet wurden, oder die ich irgendwo gefunden habe:

Seife

Seifenrezept_2 1 kg Fett, 40 dag Laugenstein, 15 dag Kolophonium, 1 Paket Kaiser Borax, 4 Liter Wasser, etwas Pottasche. Wenn gekocht, eine Handvoll Salz und 2 Packungen Kopfwaschpulver (dazugeben).

 

Man beachte die sehr persönliche Rechtschreibung in diesem Rezept 

 

Mein Kommentar: Hier wird vieles dazugegeben, was es heute nicht mehr gibt. Kaiser Borax besteht heute nicht mehr aus Natriumtetraborat (Na2B4O7) und Kopfwaschpulver wird man vergebens im Regal suchen. (Borax dient als Wasserenthärtungsmittel und hat auch antiseptische Wirkung.) 

Ein Rezept aus einem Kochbuch von Frau Marie Koch (begonnen 1905)
"Seife zu bereiten"

Man kocht 1 Kilo wenn möglich ungelöschten Kalk und 1 Kilo Soda in 7 Liter Wasser eine Stunde lang. Dann lässt man alles setzen und gießt die klare Lauge ab. In der selben kocht man 1 1/2 Kilo Fett solange bis es sich wie Leim zieht und kann auch ein Stück Kolofonium dazugeben. Man nimmt zum Kochen ein tiefes Gefäß, um ein Überlaufen zu verhindern. Das fortwährende Umrühren ist nicht notwendig. Von Wichtigkeit ist: Wenn das ganze gekocht hat, und schon dicklich wird, und man es zum Auskühlen zur Seite stellt, gibt man eine handvoll Salz hinein, rührt bis zum vollständigen Erkalten um, damit sich die Instanzen gut binden. Gießt es in eine passende Form, schneidet es dann erhärtet in Stücke und stürzt es heraus.

Mein Kommentar: Dieses Rezept hat mir Frau Claudia Nemec aus Althöflein geschickt. Es ist eines jener interessanten Rezepte, bei denen die notwendige Natronlauge durch die chemischen Reaktion von Kalk und Soda hergestellt wird (siehe oben das Rezept von Frau Bohrn). Auch hier wird die Seife in übermäßig viel Wasser gekocht und danach ausgesalzen. Somit ein Rezept, bei dem man viel Zeit und Geduld braucht, bis eine brauchbare Seife daraus wird.

 

Zwei weitere ähnliche Seifenrezepte, von Frau Rosalia Ertl aus Eichhorn (Niederösterreich)

(Übermittelt von Frau Eva Bahr)

Von Tante Rosa
9½ l Regenwasser, 2 Kilo Soda, 2 Kilo Kalk gut kochen, kalt werden lassen, das reine Wasser herunterseihen. 2 Kilo Fett, wenn möglich Kernfett dazu geben. 1 gute Stunde kochen, dann eine Handvoll feines Saupech dazugeben, hineinrühren, noch eine ½ Stunde kochen.

Von Loisi
15 Liter Regenwasser werden mt 2½ Kilo Soda siedend gemacht, dann kommen in Geschier (in ein Geschirr) 2kg 20dkg Kalk, das siedende Wasser wird darübergegossen, fest umgerührt und dann setzen lassen. Dann seiht man die reine Lauge ab und kocht es mit 3kg 60dkg Fett bis es hübsch dicklich ist. Die Seife ist fertig.

Mein Kommentar: Beide Rezepte entsprechen dem Verfahren, welches schon oben von Frau Koch niedergeschrieben wurde, nur hat man hier auf das Aussalzen verzichtet. Bei dieser großen Wassermenge wird man eine recht flüssige Seife erhalten, die wahrscheinlich nie trocken wird. Aber vielleicht wollte man gerade dieses bezwecken. Leider enthält diese Seife zur Gänze die noch überschüssige Natronlauge, sodaß je nach Qualität des Sodas und des Kalks ein vermutlich sehr "scharfes" Produkt entsteht.

 

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