Die Fachbegriffe und die
 Fachsprache der Seifensieder
 um 1900

 

Abricht(e)lauge
Siehe Feuerlauge.
Abrichten, Abrichtung
Den Laugengehalt kontrollieren. In den meisten Fällen: den Laugengehalt soweit erhöhen, daß auf der Zunge ein Stich spürbar wird, bzw. daß eine Phenolphthaleinlösung tiefrot wird. Im Gegensatz zu der Amateur-Seifenherstellung, bei der ein zu hoher Laugengehalt vermieden werden soll, war man früher wegen der Verwendung minderwertiger Fette bestrebt, keinen Fettüberschuß in der fertigen Seife zu haben, sondern eher einen Laugenüberschuß. Zu fette Seifen wurden leicht ranzig und übelriechend.
Absalzen, den Seifenkern absalzen, aussalzen
In Salzwasser kochen (150g Salz in 1 Liter Wasser), sodaß sich Seifenkern und Seifenleim trennen. Siehe auch Auswaschen.
Im 19. Jahrhundert wurden die meisten Seifen noch mit Kalilauge hergestellt, sodaß der Seifensieder nur die weichen Schmierseifen herstellen konnte. Durch Absalzen konnte aber die Schmierseife in harte Natronseifen umgewandelt werden (Fettsaueres Kali + NaCl = fettsaures Natron + KCl). Das Aussalzen wurde aber beibehalten, als man später die Seifen mit Natronlauge fertigen konnte.
Abschleifen, Ausschleifen
Siehe Schleifen.
Ansatz
Siehe Fettansatz.
Auflegen
Siehe Schreiben.
Ausstechen, die Unterlauge ausstechen
Den Alkaligehalt (der Unterlauge) durch Zugabe von Fettsäuren, leicht verseifbaren Neutralfetten oder Harz  neutralisieren oder binden.
Auswaschen, den (Seifen-)Kern auswaschen
Die Unterlauge durchstoßen lassen, um den Kern gut auszusalzen, den Salzgehalt der Kernseife verringern. Zuviel Salz kann auch eine Trennung von Lauge und Fettsäuren hervorrufen, die Seife wird schliffig.
Auswittern
Durch ein Übermaß an Lauge oder Soda in der Seife kann es zu einem Herauskristallisieren winziger Kriställchen an der Seifenoberfläche kommen. Die Oberfläche beschlägt sich. Die Seife kann dadurch ein pelziges Aussehen bekommen. 
Es soll früher im Handel Seifenstücke gegeben haben, etwa in Form eines Häschens, die durch Auswittern nach wenigen Tagen ein weißes Pelzchen bekamen, daß sich leicht abwaschen ließ, um bald wieder "nachzuwachsen". 
Ballmaschine
Siehe Peloteuse.
Bé, °Bé, Grad Baumé
Gradation der Dichte von Lösungen. Siehe auch "Tabellen und Berechnungsunterlagen".
Beschlagen 
Siehe Auswittern.
Boudineuse
Siehe Peloteuse.
Durchstoßen, durch den Kern stoßen
Die salzige Unterlauge wallt so stark, daß sie die darüberliegende Kernseifenschicht durchdringt.
Erstes Wasser
Erster Siedeprozeß bei der Herstellung von Seifen (beim Prozeß der kaustischen Verseifung). Dieser erste Vorgang bewirkt die Verleimung der Fette.
Faser
Längliche, silbrig scheinende Spuren in der Kernseife infolge Inhomogenitäten in der erkaltenden Seife. Siehe auch Flußbildung.  
Feinseife, Toiletteseife
Besonders sorgfältig gefertigte Seife, auf der Basis hochwertiger Rohstoffe, im Gegensatz zur Haushaltsseife, die aus minderwertigeren Rohstoffen hergestellt wird und auch gefüllt sein darf. Toiletteseifen waren ursprünglich kaltgerührte Kokosseifen, die auch als Leimseifen bezeichnet werden.
Fettansatz, Ansatz
Die Zusammenstellung der Fette und Öle
Fettseife
Bezeichnung für Feinseife bzw. pilierte Seife, die vorwiegend aus tierischen Fetten hergestellt wird, im Gegensatz zu den Feinseifen, die um 1900 hauptsächlich aus Kokosöl hergestellt wurden.
Feuerlauge, Meisterlauge, Abricht(e)lauge
Bei der Erzeugung von Kalilauge aus Pottasche und gelöschtem Kalk ergab das erstmalige Übergießen der Pottasche mit Kalkmilch die stärkste und beste Lauge, die der Meister zum Sieden (mit Feuer unter dem Kessel) verwendete. Ein nochmaliger Aufguß mit Wasser ergab eine schwächere Lauge, die Abricht(e)lauge. Sie wurde zum Abrichten der Seife verwendet.
Flußbildung
Auskristallisieren unter teilweiser Trennung der verschiedenen fettsauren Natriumsalze, bei langsamer Abkühlung des Seifenkerns. Es bilden sich sichtbare Strukturen, Schlieren etc.
Füllstoffe, Füllung, gefüllte Seifen
Zuschlagsstoffe, die das Gewicht der Seife erhöhen, um zu höherer Ausbeute zu kommen. Die Füllstoffe dienen vordergründig zur Härtung und Stabilisierung der Seife, im Hintergrund wird wohl die Gewinnmaximierung der Zweck sein. Zuschlagsstoffe sind Salz, Soda, Pottasche, Borax, Talkum (Speckstein), Natronwasserglas, Tonerde, etc. aber auch organische Stoffe wie Zucker, Kartoffelmehl oder Kasein.
Grundseife
Eine Rohseife, die als Basis (Grund) für die weitere Verarbeitung, etwa für pilierte Toiletteseifen gesotten wird.
Haushaltsseife
Siehe Feinseife.
Kalk, gebrannter
Ätzkalk, Calciumoxid, CaO. Durch Glühen des Kalksteins im Kalkofen bei etwa 1.000°C entweicht das Kohlendioxid.
Kalk, gelöschter
Calciumhydroxid, Ca(OH)2. Das "Löschen des Kalkes" erfolgt durch Reaktion zwischen gebranntem Kalk und Wasser. Die Reaktion erzeugt Wärme. Das Ergebnis ist Kalkhydrat, das je nach Wasseranteil als Kalkmilch, Fettkalk/Sumpfkalk oder Kalkerde bezeichnet wird.
Kalkstein
Calciumcarbonat, CaCO3. Als Kalkgestein oder Kreidekalk in der Natur vorkommend.
Kaustifizieren
(kaustisch = ätzend, scharf; von griechisch: kausticos = brennend). Milde Alkalien (z.B Soda oder Pottasche) in ätzende Alkalien (Natronlauge, Kalilauge) überführen. Die Araber stellten durch "Kaustifizieren" von Soda oder Pottasche mit gelöschtem Kalk  die ersten festen Natronseifen her. 
Kaustisches Soda = Ätznatron (NaOH).
Soda kaustifizieren:      Na2CO3 + Ca(OH)2 = CaCO3 + 2 NaOH
Pottasche kaustifizieren: K2CO3 + Ca(OH)2 = CaCO3 + 2KOH
Kaustische Verseifung
Verseifen von Fetten und Ölen mittels Natronlauge oder Kalilauge bei Überschuß an Wasser. Dieser Prozeß hat den Vorteil, daß auch mit verdünnten Laugen gearbeitet werden kann. Die Seifensieder mußten früher die Lauge aus Soda und gelöschtem Kalk selbst herstellen. Die dabei gewonnene Natronlauge hatte aber nur eine Dichte von 24 bis 27°Bé (Dichte: 1,2 bis 1,23), das entspricht einer Konzentration von 18% bis 21% NaOH. 
Kernseife, Seifenkern, Kern
Die nach dem Absalzen oder Aussalzen oben schwimmende Seifenschicht, die nach dem Erkalten fest (kernig) wird. Durch das Aussalzen bleiben die Schmutz- und Geruchsstoffe in der Unterlauge. Das war einer der Hauptgründe des Aussalzens. Daß dabei auch das Glycerin ausgewaschen wurde, wurde nicht als nachteilig empfunden, denn es konnte rückgewonnen und gewinnbringend verkauft werden.
Klarsieden
Das Fertigsieden der Seife mit kochsalzhaltiger Lauge, bis der Schaum vollständig verschwunden und die Seife als eine teigige Masse vorliegt. 
Man nimmt für das Vorbereiten von 1 Liter verdünnter und gesalzener Lauge etwa 20g NaOH und 150g Kochsalz, das ergibt ein Dichte von etwa 20   nach dem alten Maßsystem.
Das Klarsieden stellt sicher, daß die Verseifung vollständig ist und keine überschüssige Lauge in der Seife zurückbleibt. Man gibt beim Klarsieden allmählich kleine Mengen des kochend heißen Salz-Laugengemisches der Masse zu. Anfangs siedet die Seife noch immer unter bedeutender Schaumbildung. Das allmähliche Verschwinden des Schaumes und die Bildung plattenförmiger harter Seife an der Oberfläche zeigt an, daß die Verseifung vollständige ist.
Krücke, krücken
Ein Handrührwerkzeug entsprechender Größe zum Rühren (Krücken) des oft tonnenschweren Sudes.
Kürzen, die Seife ist gekürzt, die Seife ist kurzgeschliffen
Das Salzverhältnis (Seife/Salz) richtig einstellen. Eine ungenügend gekürzte Seife ist leimig, sie enthät zuviel Wasser und zuwenig Salz. Zieht man einen Spatel aus der Seifenmasse, dann soll die korrekt gekürzte Seife als voneinander getrennte Platten am Spatel erkalten. Eine leimige Seife wird verschmierte Platten ergeben.
Leimen, Verleimen
Das Sieden von Fetten mit Lauge bei der kaustischen Verseifung wird als Leimen bzw. Verleimen bezeichnet. Dadurch entsteht der Seifenleim der als unfertige Seife betrachtet wurde, weil er noch alle Schmutzstoffe aber auch das abgespaltene Glycerin enthielt.
Leimniederschlag
Kernseifen werden durch Aussalzen aus dem Seifenleim gewonnen. Die verbleibende Unterlauge wird auch als Leimniederschlag bezeichnet.
Leimseife
Bezeichnung für Seifen, die im Gegensatz zu Kernseifen nicht ausgesalzt werden und zumeist kaltgerührte Seifen sind. Leimseifen wurden erst ab dem Zeitpunkt hergestellt, als Kokosöl aus den Tropen importiert wurde. Das Kokosöl entwickelt bei der Verseifung eine so heftige Selbsterwärmung, daß die Seifensieder auf eine zusätzliche Wärmezufuhr versichten konnten, bzw. bei großen Fettansätzen sogar kühlen mußten. Da der Seifenleim in sogleich in die Form gegossen werden konnte, bezeichnete man diese Seife als Leimseife, bzw. kaltgerührte Seife, da keine äußerliche Aufheizung des Sudes erforderlich war.  
Meisterlauge
Siehe Feuerlauge.
Pilieren
Das Verreiben der Grundseife und Dazumischen von Farbstoffen und Parfums zur Herstellung von Toiletteseifen. Das Pilieren erfolgt mittels unterschiedlich schnell rotierender Walzen.
Peloteuse, Ballmaschine, Boudineuse
Strangpresse mit Förderschnecke.
Pottasche
Kaliumcarbonat: K2CO3. Kaliumcarbonat wurde früher in waldreichen Gegenden aus Holzasche gewonnen. Die Asche wurde in Holzbottichen (Pötten) ausgelaugt, eingedampft und geglüht.
Rändern
Den Preßrand eines fertig gepreßten Seifenstückes entfernen.
Schleifen, Verschleifen, Ausschleifen, Abschleifen
Eine Seife (Kernseife) durch Zugabe von Wasser in einen solchen Flüssigkeitszustand überführen, daß sie in der Lage ist, jeden Überschuß von Salze, Alkali und alle Verunreinigungen zur Abscheidung bringen. Die Verdünnung der (heißen) Seife geschieht mit heißer Lauge von 1 - 2° (etwa eine 1-prozentige Lauge) oder auch mit heißem Salzwasser ähnlicher Konzentration. Kaltes Wasser würde die Seife klumpen lassen.
Schliffig
Die Seife ist wässrig und hat zumeist auch einen hohen Salzgehalt. Der Seifenkern ist mit Unterlauge durchzogen. Zuviel Salz kann auch eine Trennung von Lauge und Fettsäuren hervorrufen.
Schreiben, die Seife schreibt, die Seife legt auf, auflegen
Das Einsetzen des Verseifungsprozesses, kann danach beobachtet werden, daß am herausgezogenen Spatel oder Rührholz die Seife in dicken Fäden derart abläuft, daß sie auf der Oberfläche des Sudes eine Spur (Schreibspur) hinterläßt, bzw. daß der Faden nicht im Sud untergeht sondern sich "darauflegt".
Seifenkern
Siehe Kernseife.
Seifenleim
Fett und Lauge mit Wasserüberschuß kochen. Nach der alten Methode ist das der erste Schritt der Seifenproduktion (vor dem Aussalzen oder Absalzen).
Spaltung der Seife
Die Seife kann sich in unverseiftes Öl oder unverseifte Fettsäuren und Alkali trennen, wenn man zuviel Lauge zuführt.
Stich, Zungenstich
Der Seifensieder spürt einen "Stich" oder ein leichtes Brennen, wenn er mit der Zunge beim Abrichten den Alkaligehalt der Seife prüft. Wesentlich zuverlässiger ist aber der Test mit einer 3:100 Phenolphthalein-Alkohol Lösung.
Sud
Die im Kessel kochende Laugen-Fett Masse.
Toiletteseife
Siehe Feinseife.
Umschlagen, die Seife schägt um
Die Seife wird ranzig, weil z.B. unverseifte Fette sich in Fettsäuren spalten.
Unterlauge
Die unterste Schicht nach dem Absalzen. Sie wird nach der Verseifung abgepumpt.
Verband, verbinden, 
Siehe auch Leimen. Der Vorgang, wenn sich Lauge und Fett chemisch verbinden bzw. einen Verband bilden.
Verleimen
Siehe Leimen.
Verschleifen
Siehe Schleifen.
Zerreißen, die Seife zerreißt
Durch das Aussalzen trennt sich die Kernseife von der Unterlauge, die Seife zerreißt.
Zungenstich
Siehe Stich.
Zusammenschießen, zusammenziehen, die Seife schießt (zieht sich)  zusammen
Die Seife wird dicker und klumpt, etwa durch Zugabe von Öl bei Laugenüberschuß.
 

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