Im Kaltverfahren hergestellte Seifen |
(engl.: Cold Process Soaps, CP-Soaps)
Die Herstellung von Seife ist für den Heimwerker immer eine aufregende Sache. Wird es diesmal gelingen oder kommt wieder ein unbrauchbarer Brei heraus? Unsere Urgroßmütter waren auch niemals sicher, ob die Seife jemals hart wurde, ob sie zu scharf oder zu ölig sein würde. Unzählige Rezepte und Methoden sind überliefert und genauso unzählige mehr oder weniger brauchbare Resultate sind dabei zu erreichen.
Geht man ein wenig systematischer an die Herstellung von Seife heran, wird man mehrere Seifenprozesse finden, die alle ihre Vor- und Nachteile haben.
- Das Kernseifenverfahren (engl.: Curd Soap Process)
- Das Kaltverfahren (engl.: Cold Process, CP)
- Das Heißverfahren (engl.: Hot Process, HP)
- Das Aufschmelzverfahren (engl.: Remelting, Rebatching)
Die in Amateurkreisen beliebteste Herstellungsmethode ist das Kaltrühren oder Kaltverseifen, das eigentlich gar nicht so kalt verläuft, entstehen dabei doch Temperaturen bis zu 85°C.
Man verwendet zur Seifenherstellung entweder nur pflanzliche Öle und Fette oder ein Gemisch aus Talg oder Schmalz mit Rapsöl, Olivenöl, Kokosfett oder anderen Ölen. Da die natürlichen Fette und Öle aus den verschiedensten Ölarten zusammengesetzt sind, welche die unterschiedlichsten Eigenschaften bezüglich Härte, Schaumbildung und Stabilität besitzen, kann man durch geeignete Mischungsverhältnisse die Eigenschaften der fertigen Seife beeinflussen.
Fette und Öle werden mit Natronlauge (NaOH) vermischt. Dabei ist es wichtig, das richtige Verhältnis zu finden. Jedes Öl braucht eine bestimmte Menge an Lauge, um daraus eine Seife bilden zu können, die nicht zu stark basisch (Vorsicht: ätzend!) oder nicht zu ölig ist. Bei zu geringer Laugenmenge werden nicht alle Öle verseift und die Seife wird schmierig. Für den Praktiker gibt es hier genaue Tabellen. Mit ein wenig Rechenarbeit kann man die notwendige Laugenmenge auf das Gramm genau bestimmen.
Nachdem Fett und Lauge vermengt sind - das sollte bei etwa 50 bis 60°C stattfinden, kommt der langwierige Prozeß der Verseifung. Schon unseren Vorfahren war bekannt, daß "Seifensieder" langweilig sind, kein Wunder, mußte man doch früher die Seife stundenlang rühren. Heut geht das schneller. Viele benutzen zum raschen und sicheren Verrühren den Stabmixer und können derart den Prozeß auf eine halbe Stunde und weniger reduzieren.
In diesem Kaltprozeß liegt das Geheimnis der handgemachten Seifen. Fette und Öle bestehen chemisch gesehen aus Fettsäuren und Glycerin. Dabei hängen sich an ein Glycerinmolekül drei Fettsäuremoleküle an. Deshalb spricht man auch von Triglyceriden. Beim Verseifen wird dieses Fettmolekül aufgespaltet, die drei Fettsäureteile verbinden sich jeweils mit einem Laugenmolekül und bilden so ein "Salz" aus Säure und Base, also ein Seifenmolekül. Das Glycerin bleibt bei diesem Vorgang übrig. Die Seifenindustrie wäscht gerade dieses Glycerin aus der Seife heraus. Es ist für die Industrie zu wertvoll und es kann anderweitig verwendet werden. Beim Kaltprozeß bleibt das natürliche Glycerin aber in der Seife zurück und kann so seine pflegenden Eigenschaften entfalten. Das ist der Grund, warum kaltgerührte Seifen viel sanfter und auch weicher sind, als industriell hergestellte.
Nachdem der Verseifungsprozeß einsetzt, wird die Masse immer dicker und puddingartiger. Hier muß der Seifenhersteller den richtigen Moment erwischen, um nicht zu früh oder zu spät seine Mischung aus Pflegeölen dazuzugeben. Macht man es zu früh, dann verseift man die wertvollen Öle, macht man es zu spät, bekommt man eine bröckelige Masse, die man kaum mehr blasenfrei und homogen in die Form bekommt.
Hier einige der häufig verwendeten Pflegeöle:
- Avocadoöl
- Jojobaöl
- Sheabutter
- Kokosnußöl
- Rhizinusöl
- Weizenkeimöl
Zumindest jetzt, wenn schon nicht vorher, kann man Farbstoffe der Seifenmasse zugeben. Verwendet man stabile Pigmente, die auch in der Lauge ihren Farbton nicht verändern, kann man bereits nach dem ersten Verrühren von Fett und Lauge mit dem Färben beginnen. Eigentlich braucht man die Seife nicht zu färben, es sei denn, man möchte auch optisch ansprechende Produkte erzeugen. Die natürliche Farbe der kaltgerührten Seife ist mehr oder weniger gelblich. Gibt man Deckweiß dazu (Titandioxid) kann man einen weißlicheren Ton einstellen. Der Farbzusatz ist meist nur gering, etwa einige Promille, aber trotzdem soll man darauf achten, nur solche Farben zu verwenden, die sich auch abwaschen lassen. Was nützt eine wunderbar rote Seife, wenn Sie danach rote Hände und rote Handtücher haben. Lebensmittelfarben sind daher zumeist ungeeignet. Es gibt aber im Fachhandel stabile Pigmente, die nicht in die Haut eindringen und nur die Seife färben.
Eine gute Seife soll auch gut riechen. Das sind wir so gewöhnt, obwohl medizinisch überhaupt kein Grund dafür besteht. Viele Seifenhersteller verbinden aber mit ihren Produkten auch die Erfahrungen der Aromatherapie. Das Wohlbefinden vieler Menschen wird sehr stark von Gerüchen beeinflußt, das kann man nützen und der Seife jene Düfte zugeben, die der Käufer liebt und die ihn positiv beeinflussen.
Leider duften die fertigen Seifen zumeist völlig anders als das gute und teure Parfum, das man hineingemischt hat. Auch führt der Alkoholanteil der meisten Parfums zu Schlieren in der Seife. Das kann ästhetisch wirken, oder einen Seifenperfektionisten zur Verzweiflung bringen. Hier hilft nur Experimentieren und Erfahrungen sammeln. Düfte müssen nämlich komponiert werden. Es ist wie das Malen mit Farben oder das Komponieren mit Tönen. Nur der Akkord ist interessant, der einzelne Ton kann zu laut und zu schrill sein. Ein Blumenduft kann in Verbindung mit anderen, zum Beispiel mehr fruchtigen Düften eine völlig neue und interessante Note bekommen.
Am beliebtesten sind in Amateurkreisen die Duftöle. Man kauft am besten reine Pflanzenextrakte oder aus Pflanzen gepreßte Duftstoffe und kombiniert sie miteinander. Diese können manchmal sehr teuer sein. So ist etwa bestes bulgarisches Rosenöl mit dem Goldpreis vergleichbar. Auch hier ist die Menge nicht das Qualitätsentscheidende. Gibt man etwa 2 bis 3% eines guten Duftöles in die Seife, wird man auch nach Monaten Lagerzeit eine zart duftende Seife haben. Allzuviel ist ungesund und es gibt genügend Berichte über allergische Reaktionen auf bestimmte Düfte.
Hat man endlich alle Öle und Farben in die Seife eingerührt und ist das Ganze noch nicht zu kalt und zu steif geworden, soll man die Masse schleunigst in eine Form gießen. Die Form kann man vorher mit Vaseline einfetten, denn nichts ist frustrierender, wenn man die fertige Seife nicht mehr ausformen kann. Viele Seifenhersteller bevorzugen eine Kastenform, in die man etwa 1 bis 2 Liter Seifenmasse einfüllen kann. Diese Form soll vorgewärmt sein, damit sich die Seife an der Oberfläche nicht sofort verfestigt. Die Masse muß blasenfrei eingefüllt werden. Kräftiges Klopfen kann da manchmal hilfreich sein.
Das Bild zeigt eine praktische Form, die sehr schnell zerlegt werden kann, um den Seifenblock herauszulösen. Er kann danach mit einem gespannten Draht oder einem dünnen Stahlband in einzelne Stücke zerschnitten werden, wie das rechte Bild zeigt.
Die eingeformte Masse ist jetzt noch immer keine richtige Seife. Öl und Lauge sind zwar gut vermengt, es haben sich zunächst aber noch keine "Seifenkristalle" gebildet, d.h. das Seifenmolekül ist noch nicht stabil. Die Verseifung ist ein exothermer Prozeß. Es entsteht dabei Wärme, die sich in einer selbsttätigen Erwärmung der eingeformten Masse äußert.
Gibt man die Form in ein vorgewärmtes Backrohr, so kann man diesen Vorgang leicht starten. Man darf aber nicht übertreiben, die Seife ist kein Kalbsbraten. Die Luft im Backrohr darf höchstens 90°C haben damit die Seife nicht verschmort und die Kunststofform nicht schmilzt. Die übliche Temperaturanzeige im Backrohr wird mitunter die Lufttemperatur nicht genau genug anzeigen. Es ist besser, man legt ein Thermometer neben die Seife. Steckt man nun ein Thermometer in die Seifenmasse hinein, wird man einen Temperaturanstieg auf etwa 85°C beobachten. Auch wird sich die Seifenfarbe verdunkeln; wenn man genauer hinschaut wird man bemerken, daß die Masse transparent geworden ist. Sie ist in der Gelphase. Das ist der Vorgang, auf den man warten muß. Hier reift die Seife heran, es wachsen die Seifenmoleküle und bilden die gewünschte homogene Masse. Üblicherweise läßt man nach diesem Erwärmungsvorgang die Seife mehrere Stunden abkühlen, bis sie aus der Form genommen und in kleinere Stücke zerschnitten werden kann.
Die noch junge Seife ist für den täglichen Gebrauch noch zu scharf. Chemisch gesehen ist ihr Verhalten noch sehr stark basisch. Eine Maßzahl dafür ist der sog. pH-Wert. Er reicht im Bereich der Laugen von pH 7 (neutral) bis zu pH 14 (starke Lauge). Eine junge Seife wird einen Wert zwischen pH 11 und 12 haben. Das kann für empfindliche Haut oder für die Schleimhäute noch stark reizend sein. Nach wenigen Tagen sinkt der pH-Wert aber auf etwa 9 bis 10 herunter. Das ist auch der Wert der handelsüblichen Seifen, ausgenommen der speziell neutral gemachten Seifen, die eigentlich keine Seifen, sondern Detergenzien sind.
Ein längeres Nachreifen von Wochen oder Monaten führt zu einem Austrocknen der Seife. Sie schrumpft dabei etwas und wird härter. Das ist durchaus erwünscht. Auch soll die Seife lagerungsfähig sein. Bei manchen überfetten Seifen kann es passieren, daß sich an der Oberfläche Fettröpfchen ansammeln. Dies ist nicht weiter schlimm, es sei denn, sie werden ranzig. Der erfahrene Seifenmacher kann hier durch Zugabe natürlicher Stoffe gegensteuern, etwa durch Vitamin E. Dieses Vitamin ist in vielen Pflanzenölen bereits natürlich vorhanden. Besonders viel Vitamin E findet man im Weizenkeimöl. Da dieses Öl auch gute hautpflegende Eigenschaften hat, kann man damit zwei Fliegen auf einem Schlag treffen.
Die handgemachten Seifen werden nicht immer lichtecht sein. Läßt man Seife in der Sonne liegen, kann sie sich verfärben. Sie wird gelbstichig, auch können manche Farbpigmente ausbleichen. So kann eine anfangs blaue Seife grün werden oder eine weiße Seife gelb. Häufig wird zur Farbstabilisierung Deckweiß zugefügt. Es hat eine hohe färbende Wirkung, macht es doch unsere Zahnpasta so schön weiß.
Vorsicht Fangfrage! Zivilisierte Menschen waschen sich bekanntlich täglich und benützen dazu Seife. Schon als Kinder haben wir gelernt, uns auch hinter den Ohren zu waschen. Müssen wir uns aber täglich baden?
Das darf man durchaus kritisch hinterfragen. Die Mediziner haben herausgefunden, daß die menschliche Haut einen Säureschutzmantel hat. Die Haut sondert Fette und Eiweißstoffe ab, die durch die natürlich vorkommenden Milchsäurebakterien zu Fettsäuren "vergoren" werden. Man kennt das, wenn man tagelang ungewaschen, säuerlich zu duften beginnt. Besonders gefürchtet ist die Buttersäure, die schrecklich nach Schweißfüßen riecht. Die Natur hat aber auf diese Art vorgesorgt, daß sich auf unserer Haut die harmlosen Milchsäurebakterien herumtummeln und so keinen Platz für andere, vielleicht bösartigere Bakterien lassen. Wenn wir uns mit Seife waschen, werden diese Eiweißstoffe, Fette und Fettsäuren in eine wasserlösliche Form gebracht und weggeschwemmt. Der Mensch steht danach nicht nur nackt da, sondern ist auch den Angriffen böser Bakterien und Pilzsporen völlig ausgesetzt, haben diese doch Platz auf der unbesetzten und bakterienleeren Haut bekommen. Wenn man jetzt zu antibakteriellen Seifen greift, kann es passieren, daß die Bakterien dagegen resistent werden und nur durch noch stärkere Antibiotika bekämpft werden können. Das ist eine ernste Sache, gerade Menschen, die sich täglich ein, zweimal duschen oder Vollbäder nehmen, haben mit lästigen Ausschlägen oder chronischen Pilzerkrankungen zu kämpfen.
Nach einem Waschvorgang mit Seife wird die Haut aber nach ein bis zwei Tagen wieder jenen, durch Milchsäurebakterien aufgebauten Schutzmantel aus Fettsäuren haben, der den Krankheitserregern den Zutritt versperrt. Man sollte daher der Haut die Chance zur Regenerierung geben. Früher hieß es einmal, ein Vollbad in der Woche, es war meist der Samstag Abend, genügt. Will man heute seine Kollegen am Arbeitsplatz nicht allzusehr irritieren, wird man sich zwischendurch doch noch ein paar mal duschen, vielleicht mit handgemachten Seifen, die sanft sind und mit pflegenden Ölen ausgestattet sind und die den guten Milchsäurebakterien wieder eine Lebensbasis geben.