Im Heißverfahren
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(engl.: Hot Process Soaps, HP-Soaps)
Über das Heißverfahren wird besonders in der englischsprachigen Literatur viel geschrieben. Fast hat es den Anschein, daß dieser Prozeß etwas neues oder anderes ist, als das (uralte) Kaltverfahren. Bei genauerer Analyse erkennt man, daß der Heißprozeß eigentlich ein Kaltprozeß mit anschließender Reifungsphase bei Zuführung von Wärme ist.
Der kritische Punkt beim Heißprozeß ist das Einformen. Da die Seife im Topf reift und dabei auch fest wird, ist es immer ein Problem, sie in diesem Zustand in Formen zu bringen, ohne daß Extruder und Pressen zur Verfügung stehen.
Ist es da nicht klüger, die noch unfertige Seife im honigartigen Zustand in die Form zu bringen und danach in der Form im Wärmeschrank reifen zu lassen, so wie der Autor dieser WebPage es vorzugsweise macht ? Ist das nun ein Kaltverfahren mit angeschlossenem Heißverfahren ? Sind die Grenzen zwischen den Methoden nicht fließend ?
Um das Heißverfahren hier nicht zu ignorieren und um den Leser ein Urteil bilden zu lassen, wird hier eine US-Quelle zitiert, welche das Heißverfahren in Wort und Bild sehr genau dokumentiert. (Siehe auch http://members.tripod.com/allcrafts/index.html.)
Zunächst zum Rezept: Es gibt kein Heißprozeß-Rezept. Jedes klassische Kaltprozeßrezept kann verwendet werden. Egal ob Natronseifen oder Kaliseifen, jedwedes Fett oder Öl ist verwendbar. Es gelten die üblichen Verseifungstabellen. Die Wasserzugabe darf auch dieselbe bleiben (meist etwa 38 Prozent der Fett/Öl-Masse). Manche nehmen etwas weniger Wasser, in weiser Voraussicht, denn bei dem häufig vorgeschriebenen Kochen im Wasserbad läuft meist soviel Kondenswasser in den Seifentopf, daß die Seife ersäuft.
Erster Schritt: Die Verseifung bis zur Gelphase
Die Fette und Öle werden wie üblich in einem Topf auf etwa 75°C erwärmt und
geschmolzen. Die Lauge wird mit der notwendigen Wassermenge verdünnt, worauf
sich diese ebenfalls erwärmt. Fett und Lauge sollen etwa dieselbe Temperatur
haben. Man kann die Lauge in einem Zug in den Öltopf gießen. Bei einer Temperatur
von 75°C kann die Verseifung sehr rasch einsetzen. Es kann auch zu einer
Zersetzung der Seifenmasse kommen. Zu Anfang des Verseifungsprozesses sind noch
nicht alle Fettmoleküle verseift. Der Prozeß erwärmt sich selbst, sodaß es
zur Trennung von Teilen des Fettes und Teilen der Lauge kommen kann. Das soll
aber keine Sorgen bereiten. Weiterrühren und Weiterheizen wird wieder zu einer
konsistenten Seife führen.
ACHTUNG: Der Verseifungsprozeß kann so rasch eintreten und soviel Hitze erzeugen, daß die Masse stark aufquillt und über den Rand des Topfes tritt. Die Seife sollte in diesem Zustand nicht auf Gesicht oder Hand spritzen. Der hohe pH-Wert und die Hitze könnten böse Verletzungen hervorrufen. Schutzkleidung und Schutzbrille tragen.
Die Seife soll so etwa 20 Minuten dahinkochen. Es werden Blasen aufsteigen. An der Oberfläche wird sich Schaum bilden. Die Temperatur der Seifenmasse wird bis zu 100°C steigen.
Die Seife vom Feuer nehmen und etwas abkühlen lassen. Wer zu lange abkühlt oder auf die Seife vergessen hat, wird eine mehr oder weniger steife Masse im Topf vorfinden. Ein neuerliches Erwärmen führt zum bereits erwähnten Blasenstadium zurück.
Jetzt ist auch ein guter Zeitpunkt, die Masse zu färben. Es sind alle üblichen Seifenfarbstoffe anwendbar. Nach der Zugabe der Farbe wird man weiterrühren müssen, um den Farbstoff gut zu verteilen und um schlierenfreie Seife zu bekommen.
Hier ist es vorteilhaft, den Topf im Wasserbad zu erhitzen oder einen Simmertopf zu benutzen, damit die Seife nicht am Boden des Topfes anbrennen kann. Angebrannte Seife ist so schlimm wie angebrannter Pudding. Man kann dadurch die ganze Seife verderben.
Manche Seifensieder verwenden das Topf-im-Topf Verfahren, in der englischsprachigen Literatur als Closed System (CS) bezeichnet. Der Vorteil ist die völlige Gleichheit der Temperatur im Inneren wie auch an der Oberfläche der Seife. Der Nachteil: Dampf und Kondenswasser kann in die Seife eindringen, wenn man nicht für eine geeignete Abdichtung des Seifentopfs sorgen kann.
Man erwärmt und rührt solange, bis die Seife in das Gel-Stadium tritt. Der Schaum und die Bläschen verschwinden. Die Seife wird etwas dünkler und transparent. Die Seife ist jetzt eigentlich fertig. Ein Test mit Phenolphthalein sollte eine hellrosa Färbung annehmen.
Zweiter Schritt: Nachfetten und Parfumieren
Jetzt können die Pflegeöle und die Duftstoffe eingerührt werden. Die Masse
sollte dabei auf etwa 90°C gehalten werden. Wenn die Masse zu lange
heißgehalten wird, kann zuviel Wasser verdunsten und die Seife
"vertrocknen". Sie wird bröckelig und läßt sich dann nicht mehr
schön einformen. Hier hilft die Zugabe von etwas Öl und Wasser. Aber nicht
zuviel Öl nehmen, es kann in diesem Zustand nicht mehr verseift werden. Zu
ölige Seifenstücke werden bald ranzig.
Dritter Schritt: Einformen
Das ist wohl der problematischste Teil des Heißprozesses. Die heiße Seife
wird augenblicklich hart, wenn sie nur ein wenig abgekühlt wird. Formen sind
meist kalt und es wird schwierig, die Masse in alle Ecken zu bringen und die
Luftblasen herauszuklopfen. Das Klopfen ist überhaupt die einzige Möglichkeit,
eine konsistente Masse zu bekommen.
Die Oberfläche der Seife in der Form wird bei dieser Methode nie sehr schön aussehen. Man schneidet sie daher später weg.
Vierter Schritt: Abkühlen, Entformen, Schneiden der Seife
Die abgekühlte Seife sollte eine fertige und "reife" Seife sein.
Der pH-Wert soll zwischen 9 und 9,5 liegen, der Phenolphthaleintest soll
blaßrosa bis hellrosa ausfallen. Wem das nicht gelingt, der hat sich beim
Abwiegen geirrt.
Das Entformen geht leichter, wenn man die Seifenform in den Kühlschrank legt. Beim Schneiden wird man erkennen, ob die Form gut ausgefüllt wurde und ob die Luftblasen gut "herausgeklopft" wurden. Leider wird man häufig Schlieren in der Seife finden. Sie entstehen beim Rühren der schon festen Seife. Das Homogenisieren dieser Seife ist schwieriger zu bewerkstelligen als bei den Kaltprozeßseifen.
Wo liegt der Vorteil des Heißverfahrens ?
Zunächst gibt es die Sicherheit, daß die Öle völlig verseift sind. Der pH-Wert wird stimmen, sofern nicht gravierende Wägefehler passiert sind. Damit ist aber auch gewährleistet, daß die Seife sofort verwendet werden kann. Wer innerhalb von 1 bis 2 Tagen liefern muß, ist mit dieser Methode gut bedient.
Abgewandeltes Kaltverfahren
In 50 % aller Fälle wenn ich meine Seife anrühre stelle ich Sie danach in das vorgeheizte Backrohr (ca. 50-60 Grad lt. der Einstellung, ich denke es ist heißer) bis sie die Gelphase erreicht hat. Nicht geeignet ist diese Methode wenn Milch, Honig oder Zucker in irgendeiner Form in der Seife ist, da sich die Seife dann stark verfärbt.
Die besten Erfahrungen habe ich damit gemacht wenn ich auf diese Weise eine Basisseife ohne Überfettung und ohne jegliche Zusätze hergestellt habe und der Seife nach der Gelphase erst den Duft und die Zusätze hinzugefügt habe. Frische Kräuter sind in der Seife schön grün geblieben. Der Überfettungsanteil behält wertvolle Inhaltsstoffe, weil ich ihn erst nach der Gelphase zusetze und auch Milch habe ich bereits untergerührt und die Seife blieb weiß und bekam keinen Gelbstich. Die Seife kann danach auch unproblematisch in kleine Formen gefüllt werden. Allerdings ist das Einformen etwas anders, da die Seife nicht mehr so flüssig ist wie nach dem Andicken und darauf geachtet werden muß, daß keine Hohlräume beim Einfüllen entstehen.....
Gertraud Schweyer: http://members.aon.at/vivianea/seife/
Gertraud hat hier das Kaltverfahren mit dem Heißverfahren ergänzt. Sie hat die Vorteile einer ausgereiften Seife erkannt und fügt die Pflegeöle und die Duftstoffe erst der reifen Seife bei. Wie zu erwarten hat sie aber auch die Probleme beim Einformen der Seife.
Tara Kneitz schreibt über die Gelphase:
Es ist schade, daß die Gelphase in den meisten Büchern so wenig oder unausreichend behandelt wird. Du hast absolut Recht, daß diese Phase eine heftige Reaktion darstellt. Die Verseifungsreaktion ist fast vollständig abgeschlossen nach einer guten Gelphase, was die Reifezeit als solches sehr verkürzt. Trotzdem muß die Seife noch extra Wasser an die Luft abgeben (noch ein paar Wochen lang), um hart zu sein.
Auch kleine Seifen können zum Gel geführt werden, z.B. indem man die Formen auf ein vorbeheiztes Reissäckchen legt und gut isoliert. Einige Duftöle verursachen eine heftige Reaktion von sich aus - ganz ohne Isolierung.
Wünschenswert oder nicht? Das ist, finde ich, Geschmackssache. Eine gelierte Seife ist i.d.R. härter am Anfang und kann schneller benutzt werden. Diese Seifen fallen aber auch manchmal etwas dunkler aus und können etwas grobkörniger sein (normalerweise kann das bloße Auge dies nicht wahrnehmen).
Ungelierte Seifen dagegen sind sehr feinkörnig und bleiben oft weißer - brauchen aber u.U. einige Wochen länger, bevor sie wirklich gereift sind.
Notwendig ist eine Gelphase nicht. Ich persönlich mag gelierte Seifen, aber das bin ja nur ich. Für Milchseifen finde ich sie schöner, wenn sie nicht gelierten (schwer diese aber davon abzuhalten).
Tara Kneitz, eMail: tk@seifenkuenstler.de
In der Tat, es wird über die Gelphase wirklich viel zuwenig geschrieben. Die "alten" Seifensieder, die teilweise auch nach dem Kaltverfahren arbeiteten, hatten es mit großen Massen zu tun (100kg bis 1.000kg). Die Selbsterhitzung war so stark, daß Öl und Lauge bei 25°C zusammengerührt wurden (daher der Ausdruck "Kaltverfahren") um die Seife nicht hinterher verbrennen zu lassen. Außerdem wurden früher nur das Kokosöl auf kaltem Wege verseift, welches sehr leicht verseifbar ist und eine kräftige Wärmeentwicklung verursacht. Die Gelphase trat in diesen großen Kesseln immer auf und so war das für die Seifensieder kein Thema über welches man reden oder schreiben sollte. Unsere Amateurmengen von 1kg und weniger benötigen da schon viel Zusatzwärme, um in den Gelzustand zu kommen. Ich behaupte, das ursprüngliche Kaltverfahren ist heute in Amateurkreisen eher ein Heißverfahren geworden.