Glycerinseifen und
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Glycerinseifen sind im allgemeinen Seifen, die mehr oder weniger durchsichtig bzw. transparent sind. Abgesehen von diesem besonderen Aussehen sind Glycerinseifen leicht schmelzbar und umformbar. Sie halten wegen des hohen Alkoholgehaltes die Duftstoffe besser und neigen auch nicht zur Verfälschung der Duftnote. Die Transparenz beruht auf demselben chemisch-physikalischen Effekt, der auch das Glas durchsichtig macht, denn Glycernseifen sind eigentlich im Schmelzzustand verbliebene Seifen. Sie sind "eingefrorene" Lösungen, deren Moleküle noch nicht in kristalliner Ordnung sind.
Transparente Seifen müssen aus sehr reinen Grundstoffen gefertigt werden. Es gibt Fette und Öle, die mehr Transparenz hervorrufen als andere. Tierische Fette (Talg, Unschlitt, Schweinschmalz) und Rizinusöl haben die besten Eigenschaften bezüglich Durchsichtigkeit. Die daraus gefertigte Seife wird durch Zugabe von verschiedenen Alkoholen wie Glycerin, Äthylalkohol, Isopropylalkohol, Sorbitol oder Glykol in einen Lösungszustand gebracht. Zur Freude des Seifensieders wird zumeist eine fast wasserklare Lösung daraus. Die Enttäuschung kommt dann meist beim Abkühlen der Lösung. Die Seife wird fest aber verliert auch dabei ihre Transparenz. Es bilden sich lange fandeförmige Seifenmoleküle, die auch untereinander vermascht sind. Die Herausforderung bei der Herstellung transparenter Seifen besteht daher in der Stabilisierung des Schmelzzustandes. Dazu hilft meist die Zugabe einer Zuckerlösung.
Industriell gefertigte Glycerinseifen haben oftmals eine hervorragende Transparenz, die ein Seifenamateur wohl kaum zustandebringen wird. Es mögen auch Produktionsgeheimnisse dabei sein und Zusätze wie Tetrasodium EDTA oder Sodium Etidronate, die ein Amateur eher meidet. Es bleibt also stets der Ehrgeiz, die Seife mit Amateurmitteln möglichst rein und durchsichtig zu erzeugen.
Gießseifen sind industriell oder handwerklich hergestellte Glycerinseifen, die beliebig oft eingeschmolzen und in Formen gegossen werden können. Gießseifen sind oftmals die "Einstiegsdrogen" für Seifenmacher. Das Schmelzen der Seife im Wasserbad oder in der Mikrowelle ist so einfach, daß viele davon begeistert gleich zum Selbersieden der Seifen weiterschreiten. Der Handel bietet vielerlei "Sets" und "Kits" an, welche die Grundstoffe, meist einige Stücke hochtransparenter farbloser und unparfumierter Glycerinseife, Farbstoffe, Parfums und Hohlformen enthalten. Das Hantieren mit Gießseifen ist relativ ungefährlich, sodaß auch Kinder damit umgehen können. Ein Bastelspaß in vielen Kindergärten und Schulen.
Stellvertretend für eine Reihe von Lieferanten findet man hier eine der Web-Adressen für Gießseifen in Deutschland
http://www.seifenkuenstler.de/
wo man alles Notwendige zur Ausübung dieses Hobbies kaufen kann.
Hobbysets sind mittlerweile in allen gutsortierten Bastelgeschäften zu bekommen. Sogar in der Hobbyabteilung von Baumärkten sind sie manchmal zu finden.
Transparente Glycerinseifen sind seit etwa 200 Jahren bekannt. Berühmt war zum Beispiel "Pears´ Soap" von Andrew Pears, der 1798 einen Friseurladen in einer vornehmen Gegend Londons eröffnete und bald begann seine eigenen Pomaden, Cremes und Seifen herzustellen. Es haftete immer ein Hauch von Luxus an den transparenten Seifen, da sie aus hochwertigen Rohstoffen hergestellt wurden und dementsprechend teuer waren. Die Rezepte dafür wurden oftmals nur unvollständig weitergegeben. "Geheimnisvolle" Zusätze verschleierten die wahre Wirkungsweise der Zutaten. Überhaupt kommt es bei den transparenten Glycerinseifen weniger auf die Rezeptur an als vielmehr auf den Herstellungsprozeß.
Kein Wunder, daß gerade das Geheimnisvolle und die Schönheit der Glycerinseifen in Hobbykreisen ein Anreiz zum Selbstexperientieren gab. Zu einem guten Anfang führt zumeist ein gutes Fachbuch. Nicht alle Autoren geben aber ihre Erfahrungen freizügig weiter. Gute Bücher über Transparentseifen sind nicht gerade häufig.
In Hobbyseifensiederkreisen
ist das Buch
CatherineFailore : "Making transparent
soap"
eine anerkannte Referenz. Sie beschreibt den von ihr bevorzugten Prozeß
sehr genau und so präzise, daß ein Nachsieden gut und erfolgversprechend
möglich wird. Auch der Autor hat von Catherine
viel gelernt. Demgemäß basieren die hier wiedergegeben Fakten zum guten Teil
auf Catherine Failore´s Erfahrungen.
Der Herstellvorgang besteht aus den folgenden Hauptabschnitten:
- Herstellung einer Basisseife
- Lösen der Seife in Alkohol
- Stabilisierung durch Zugabe einer Zuckerlösung
- Abformen
200g Talg oder Schweineschmalz
120g Kokosöl oder gehärtetes Kokosfett
80g Rizinusöl
In Summe also 400g Fett. Nach den üblichen Verseifungstabellen gerechnet muß man diese Fettmenge mit 60g NaOH, gelöst in 125g destillierten Wasser bei einer gemeinsamen Temperatur von etwa 60°C zusammenmischen. Das ist etwas weniger Wasser als üblich, denn es wird noch allerlei Flüssiges dazugemischt.
Wie üblich nimmt man zum Mischen einen Stabmixer und rührt bis zur Verdickung der Masse. Hier gilt, je heißer und je tüchtiger man rührt, desto schneller geht der Vorgang vonstatten. Man sollte also nicht zu kalt arbeiten (obwohl das alles als "Kaltprozeß" bezeichnet wird). Es ist vorteilhaft, diesen Verseifungsprozeß in einem Topf mit Wassermantel oder in einem Topf-im-Topf im Wasserbad ablaufen zu lassen. Das Ziel ist die totale Verseifung. Die Masse muß also bis zur Gelphase im Topf verbleiben. Da ist eine Temperaturregelung durch äußere Wärmezugabe ganz praktisch. Die Selbsterhitzung ist bei dieser kleinen Fettmenge nicht sehr groß, besonders im Winter in kalten Küchen. Die Masse sollte bei etwa 77°C bis 81°C verseifen können.
Wer sich einen Simmertopf leisten kann, hat damit einen idealen Topf zum Verseifen gefunden. Der Simmertopf wurde zum Milchkochen erfunden. Im Wasserbad kann die Milch erwärmt werden ohne anzubrennen. Der entweichende Wasserdampf läßt ein Pfeifchen ertönen oder Metallzungen schwingen, wie bei einer Mundharmonika.
Wer die Seife färben will, der kann das jetzt schon tun. Man soll wasserlösliche Farben verwenden. Fette Pigmentfarben streuen das Licht, worunter die Transparenz der Seife leidet. Die Seife soll etwa eine volle Stunde "dahinsimmern" und dabei in die Gelphase bzw. in den kolloiden Zustand übergehen. Am besten, man überdeckt den Seifentopf mit Plastikfolie. Kräftige Gummiringe von Einsiedegläsern verhindern das Verrutschen der Folie. So kann man den Prozeßfortschritt beobachten ohne den Ablauf zu stören. Danach das Gel aufrühren und dabei die erkalteten Reste an der Oberfläche und am Rand des Topfes kräftig unterrühren. So wird sichergestellt, daß die Seife gleichmäßig reifen kann. Der Topf wird wieder zugedeckt und für eine weitere Stunde auf Temperatur gehalten. Das Ziel ist die totale Verseifung aller Fette und Öle.
Man kann diesen Zustand durch Bestimmung des pH Wertes feststellen. Am einfachsten geht das mit dem Phenolphthalein-Indikator. Dazu gibt man einige Tropfen der Seifenmasse auf ein weißes Porzellanschälchen (es darf auch weißes Plastikgeschirr sein) und gibt ein paar Tropfen einer Phenolphthalein/Alkohol Lösung hinzu. Der Indikator muß blaßrosa bis hell werden. Wird er kräftiger rot, fast purpur, dann ist die Seife noch nicht ausgereift. Entweder hat man falsch gewogen, oder die Masse wurde nicht genügend gerührt und gekocht.
Inzwischen muß mein eine Alkohol-Glycerin Lösung vorbereiten. Bezogen auf
die eingewogene Fett/Öl-Menge muß man
150 g Alkohol (90% bis 96%igen Sprit, auch Ethanol oder Äthylalkohol
genannt) aus der Apotheke holen, vergällter Spiritus würde geruchlich
unangenehm in der Seife auffallen, sowie
100g Glycerin.
Der Umgang mit reinem Alkohol ist nicht ganz unproblematisch, wenn man gleichzeitig mit offenem Feuer, etwa am Gasherd arbeiten muß. Die Alkoholdämpfe sind leicht entzündlich. Eine elektrische Kochplatte ist da schon etwas sicherer. Wenn man nicht gerade einen Feuerlöscher in der Seifenküche hat, kann eine Sprühflasche mit Wasser, wie sie zum Betauen der Zimmerpflanzen im Handel erhältlich ist, ein geeignetes Löschwerkzeug sein.
Alkohol und Glycerin werden gemeinsam vorsichtig auf etwa 60°C erwärmt. Alkohol siedet schon bei 80°C. Vorsicht, die Dämpfe könnten sich entzünden, abgesehen davon, daß ein beschwipster Seifensieder unzuverlässig sein wird.
Das warme Glycerin/Alkohol-Gemisch ist das Lösungsmittel für die gelartige Seife. Unter ständigem Rühren wird das Gemisch in den Topf geleert. Die Seife wird anfänglich noch klumpen und sich aber dann vollständig auflösen und eine klare Flüssigkeit bilden. Falls sich harte Seifenränder an der Topfwand gebildet haben, soll man diese abschaben und in die Masse hineinrühren. Eine Schneerute oder ein Stabmixer ist ein geeignetes Werkzeug zum Rühren.
Nun wird der Topf wieder mit durchsichtiger Plastikfolie und Gummiringen abgedeckt. Der Topf soll ab jetzt nur mehr im Wasserbad weitererwärmt werden. Wie ideal ist doch hier der Simmertopf. Das Wasser soll 30 Minuten schwach kochend gehalten werden. Danach sollten alle Seifenteile aufgelöst sein.
Während des Kochens muß jetzt die Zuckerlösung hergerichtet werden. Man
löst
100g Zucker in
65g Wasser.
Die Lösung wird zum sanften Kochen gebracht, bis der Zucker völlig aufgelöst
ist und im dünnen Strahl vom Löffel läuft.
Man beachte die Gesamtmenge dieses Rezepts: 400g Fett und Öl 185g verdünnte Lauge 250g Alkohol und Glyzerin 165g Zuckerlösung ergeben in Summe 1000g Seife. Die "Ausbeute" beträgt somit 1000/400 = 2,5. Diese Überlegung ist für die Preisgestaltung wichtig. Rizinusöl, Alkohol und Glycerin sind teuer. In Summe werden Glycerinseifen immer teurer sein als kaltgerührte Seifen.
Der Topf wird vom Feuer genommen und die Zuckerlösung wird zur gelösten Seife dazugerührt. Danach ist es günstig, die Masse noch etwa 20 Minuten ruhen zu lassen. Man deckt den Topf wieder zu und läßt ihn bis auf etwa 60°C abkühlen.
Die etwas kühler Masse kann unter Umständen von etwas Schaum bedeckt sein. Man sollte ihn abschöpfen um eine klare und glatte Oberfläche zu bekommen. Jetzt ist auch der Moment gekommen, wo man Düfte dazugeben kann. Der hohe Alkoholanteil bildet einen guten Duftträger. Glycerinseifen sind sehr leicht zu beduften, denn die Seife hat fast keinen Eigengeruch mehr und sie verändert die Düfte auch nicht.
Die leicht abgekühlte und noch immer sehr flüssige Seifen kann man jetzt gut einformen. Man kann sie in Kastenformen gießen oder in Einzelformen, die auch feine Formstrukturen aufweisen dürfen, da die Flüssigkeit in alle Ecken und Winkel der Form laufen wird. Damit die Oberfläche glatt und ohne Bläschen bleibt, kann man die eingeformten Stücke mit etwas Alkohol aus einer Sprühflasche benetzen.
Die erkaltete Masse sollte sich gut entformen lassen. Die Form soll eine glatte Oberfläche haben, denn die Seife wird jedes Detail der Oberflächenstruktur wiedergegeben. Ein Formentrennmittel, wie zum Beispiel Vaseline, sollte man nicht verwenden. Es würde die Oberfläche der Seife angreifen und somit das Aussehen mindern.
Die ausgeformte Seife sollte jetzt noch etwa 2 Wochen ruhen, nicht um "nachzureifen", wie es bei den kaltgerührten Seifen oftmals so wichtig ist, sondern um ein wenig zu trocknen. Seifensieder berichten, daß die Transparenz nach so einer Reifezeit noch zunehmen kann.
Wie bei jeder Glycerinseife, können die Abfälle wieder eingeschmolzen werden, am besten gleich mit der nächsten Charge derselben Farbe. Die Abfälle sind zu wertvoll um weggeworfen zu werden.
Die Erfolgsquote dieses Rezeptes, das in Grundzügen aus dem oben erwähnten Buch von Catherine Failore entnommen ist, dürfte eine sehr gute sein. Trotzdem wird es aber Spaß machen, noch weiterzuexperimentieren. So kann man die Alkoholmischung variieren. Der Äthylalkohol kann ganz oder teilweise durch Isopropylalkohol ersetzt werden. Statt Glycerin kann man Propylenglykol verwenden (aber nicht Äthylenglykol nehmen, das ist giftig und wird als Frostschutzmittel benutzt). Das tierische Fett kann man durch Stearinsäure ersetzen. Interessante Seifen kann man durch Verseifen von Harz (Kolophonium, Saupech) herstellen. Hier lohnt sich das Experimentieren.
Dem Amateurseifensieder wird es aber nicht gelingen, die Reinheit und Transparenz industriell gefertigter Gießseifen zu erreichen. Er wird sich damit trösten, daß seine Seifen aus wenigen und aus chemisch wohl vertrauten Stoffen zusammengesetzt sind. Der INCI (International Nomenclature Cosmetic Ingredient) Beipackzettel einer Industrie-Glycerinseife liest sich hingegen wie ein chemisches Lexikon.
Hier ein paar Bilder von den ersten "Erfolgen" des Autors beim Experimentieren mit selbsthergestellten Transparentseifen.